Versammlungsfreiheit gestärkt – AfD-Kreissprecher Schiller darf bei Protesten als „Prügelmartin“ bezeichnet werden

Eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft Münster stärkt die Versammlungsfreiheit: AfD-Kreissprecher Schiller darf bei Protesten als „Prügelmartin“ bezeichnet werden. Unsere Pressemitteilung vom 08.02.2021:

Die Staatsanwaltschaft Münster hat die Verfahren gegen zwei Demonstrant:innen eingestellt, denen vorgeworfen wurde, bei Protesten gegen den Kommunalwahlkampf der extrem rechten AfD im letzten Jahr die Parole „Prügelmartin raus aus dem Stadtrat!“ skandiert zu haben. Martin Schiller, der Kreissprecher der AfD Münster, hatte sich verunglimpft gefühlt, die Polizei hatte daraufhin die Proteste vor Ort eingeschränkt. Wie sich nun herausstellte zu Unrecht: Das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ aus Münster begrüßt diese Entscheidung zu Gunsten der Versammlungsfreiheit und sieht sich in seinem Protest gegen die extreme Rechte bestätigt.

Im August und September 2020 hielt die extrem rechte AfD in Münster im Rahmen ihres Kommunalwahlkampfes regelmäßig Infostände in der Innenstadt ab. Diese wurden von Beginn an durch antifaschistischen Protest begleitet. Zumeist junge Demonstrierende schirmten den Stand der extrem rechten Partei ab, informierten Passant:innen und sorgten für einen durchgängig lautstarken Gegenwind in der Münsteraner Innenstadt. Dabei wurde in Anspielung auf die Verurteilung des Kreissprechers der Partei wegen eines gewalttätigen Übergriffs auf einen vermeintlichen Gegendemonstrantenim April 2018(https://keinenmeter.noblogs.org/post/2019/11/22/afd-ratsherr-schiller-nach-uebergriff-auf-gegendemonstranten-wegen-koerperverletzung-verurteilt/) die Parole „Prügelmartin raus aus dem Stadtrat“ skandiert.

AfD-Kreissprecher Martin Schiller sah sich durch diese Äußerung verunglimpft und forderte die Polizei auf, das Skandieren der Parole zu unterbinden. Dem kamen die Beamt:innen vor Ort an mehreren Samstagen in Folge gerne nach: Die Protestierenden wurden aufgefordert, das Skandieren der Parolen zu unterlassen, sonst würde die Gegendemonstration aufgelöst werden. Teils wurde die Versammlung von den Polizist:innen zudem auch abgedrängt. Im Nachgang ermittelte die Polizei im wegen § 188 StGB wegen „übler Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ (§ 188 StGB).

Wie die beiden Beschuldigten dem Bündnis nun mitteilten, stellte die Staatsanwaltschaft Münster beide Verfahren nun ein, da sie offensichtlich keine strafbare Handlung im Skandieren der Parole „Prügelmartin raus aus dem Stadtrat “ sah erkennen konnte. Für Bündnissprecher Carsten Peters eine ebenso begrüßenswerte wie logische Entscheidung: „Martin Schiller ist als Ratsherr eine Person des öffentlichen Lebens und er wurde wegen eines Übergriffs auf einen vermeintlichen Gegendemonstranten wegen Körperverletzung verurteilt“, so Peters zur Verfahrenseinstellung, „das zu benennen und ihn als Mitglied einer extrem rechten Partei dafür auch zu kritisieren, ist und bleibt legitim.“

Das Bündnis hebt zudem hervor, dass Martin Schiller selbst in den letzten Jahren vor allem durch massive verbale Attacken gegenüber politischen Gegner:innen aufgefallen ist: Er postete eine Fotomontage, welche die Fridays For Future-Aktivistin Greta Thunberg in NS-Uniform zeigte, hetzte gegen den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Münster und bezeichnete neonazistische Postings seines Kreisverbandsmitglieds Karl-Heinz Krämer als „Geschmackssache“. „Dass ausgerechnet Martin Schiller sich verunglimpft sieht, ist ein schlechter Witz“, kommentiert Liza Schulze-Boysen, Pressesprecherin des Bündnisses, die Verfahrenseinstellung, „Dass er das tut, wenn man die Tatsache ausspricht, dass Martin Schiller ein verurteilter politischer Gewalttäter ist, zeigt erneut die doppelten Standards der AfD“.

Das Bündnis kritisiert zudem die massive Einschränkung des Versammlungsrechts der Protestierenden durch die Polizeibeamt:innen vor Ort. „Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, für dessen Einschränkung es aus guten Gründen hohe Hürden gibt“, so Carsten Peters, „Ob hier durch die Einsatzleitung ausreichend abgewogen wurde, darf bezweifelt werden.“ Und seine Kollegin Liza Schulze-Boysen ergänzt: „Es gab keine Rechtsgrundlage für die Einschränkung des Protestes durch die Polizei, das zeigt die jetzige Verfahrenseinstellung eindeutig. Die Ermittlungen hätten gar nicht erst aufgenommen, die Versammlungsfreiheit der Gegendemonstrant:innen nicht eingeschränkt werden dürfen. Die Polizei Münster sollte sich zukünftig überlegen, ob sie sich erneut vorschnell zum willfährigen Helfer einer extrem rechten Partei machen will.“

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