Am kommenden Mittwoch, den 25. April 2018, will die AfD Münster eine Vortragsveranstaltung mit Karlheinz Weißmann durchführen. Das „Keinen Meter“-Bündnis wird gegen diese Veranstaltung protestieren, weil wir es nicht hinnehmen, dass sich die AfD ungestört ausbreiten kann. Wir stellen uns der schleichenden Normalisierung der AfD und ihrer nationalistischen und rassistischen Inhalte entgegen. Für uns gilt stets: Keine Bühne für die AfD!
Erstmals wird die AfD am 25. April die Räumlichkeiten der Stadtbücherei Münster nutzen. In den repräsentativen Räumen der Bücherei will sich die AfD als akzeptable bürgerliche Kraft inszenieren. Eine gezielte Provokation stellt auch die Einladung des Referenten Karlheinz Weißmann dar, der einer der führenden Vertreter der vielfach als „Neue Rechte“ bezeichnenden extrem rechten Strömung ist, und der seit Jahrzehnten versucht, sich Gehör für seine nationalistischen Thesen zu verschaffen.
Weißmann, ein Gymnasiallehrer aus Niedersachsen, zählt neben Götz Kubitschek zu den Gründern des extrem rechten „Instituts für Staatspolitik“, eines rechten „Thinktanks“, der Aktivist*innen von NPD über Burschenschaften und „Identitäre Bewegung“ bis zur „Jungen Alternative“ und der AfD im Rahmen von Schulungen, Seminaren und Vorträgen zur Vernetzung dient. Ihre Strategie beschrieb Weißmann im Interview mit der „Jungen Freiheit“ wie folgt: „Es geht uns um geistigen Einfluß, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtischen, sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns, es geht um Einfluß auf die Köpfe, und wenn die Köpfe auf den Schultern von Machtträgern sitzen, umso besser.“ Extrem rechte Aktivisten, wie Weißmann und Kubitschek, konzentrierten sich nicht auf Parteipolitik, sondern auf eine theoretische Arbeit im Vorpolitischen, um die stetige Verbreitung ihrer Weltsicht mit dem Ziel eine „kulturelle Hegemonie“ zu erreichen.
Mit dieser Strategie, die sie selbst hochtrabend als „Metapolitik“ bezeichnen, waren sie über Jahre nur mäßig erfolgreich. Weißmann und Seinesgleichen tagten in stickigen Hinterzimmern und Szene-Räumlichkeiten wie dem „Rittergut Schnellroda“. Ihre und die von ihnen unterstützten Zeitschriften erreichten zwar ihre Leser*innenschaft, aber der große Durchbruch und die nachhaltige politische Einflussnahme blieben aus. Dies änderte sich mit der Etablierung und vor allem mit der Rechtsradikalisierung der AfD. Es sind AfD-Politiker wie Björn Höcke, die aus dem Umfeld des „Instituts für Staatspolitik“ stammen und der von sich sagt, er beziehe sein „geistiges Manna“ aus diesem Kreis. Weißmann und Co sind zu Stichwortgebern für einen großen Teil der AfD geworden. Sie liefern den „intellektuellen Überbau“ für deren nationalistische und rassistische Forderungen. In die Stadtbücherei hätte es Karlheinz Weißmann mit seinen tendenziösen Thesen und Rechtsaußen-Forderungen nie geschafft. Es braucht die AfD als Vehikel, um extrem rechten Vordenkern wie ihm ein Podium zu verschaffen. Die AfD Münster wiederum zeigt mit der Einladung von Weißmann einmal mehr, wo sie politisch zu verorten ist.
Auf den ersten Blick kommt Weißmann in Rhetorik und Auftreten verhaltener daher als etwa Götz Kubitschek, mit dem er sich 2014 u.a. im Streit um die richtige Strategie der AfD überwarf. Dennoch hat man sich nicht weit voneinander entfernt. Im Umgang mit den „Identitären“ solle man „nicht so schreckhaft” sein, appelliert auch Weißmann in einem Text auf der Plattform „Der blaue Kanal“ in Richtung AfD. Weißmann weiter: „Ich finde ich, dass es jenseits der Linken gefälligst auch Spielraum geben sollte und dass man nicht einfach akzeptiert, was ein paar Spießer für angemessen halten, ganz egal, ob bürgerliche Spießer oder progressive Spießer.“
Zur Strategie extrem rechter Intellektueller wie Karlheinz Weißmann zählt es auch, sich selbst als „konservativ“ zu bezeichnen. Doch die Positionen von Weißmann sind nicht konservativ, es geht ihm nicht darum etwas zu bewahren, sondern um die Zerstörung der Republik und einen radikalen Staatsumbau hin zu einem autoritären System. Seine Weltanschauung ist an den Ideen antidemokratischer Theoretiker und Politiker aus der Zwischenkriegszeit geschult. Sie werden von Weißmann und Co als „Konservative Revolution“ bezeichnet und in deren Tradition verorten sie sich. Dabei machen sich die „Neuen Rechten“ zu Nutze, dass die Mehrzahl dieser Personen aus unterschiedlichen Gründen eine gewisse Distanz zur NSDAP aufweist – etwa weil sie vor der Machtübertragung an die Nazis verstorben sind oder weil sie anderen faschistischen Bewegungen, beispielsweise der Bewegung Mussolinis oder dem Austrofaschismus, näher standen. Der Politikwissenschafler Kurt Sontheimer bezeichnete diese Akteure dennoch und zu Recht als „intellektuelle Wegbereiter des Nationalsozialismus“, weil ihre antidemokratische Agitation maßgeblich zur Zerstörung der Weimarer Republik beitrug.
Bei der AfD soll Weißmann über sein neues Buch „Kulturbruch 68“ referieren. Ein „Kulturbruch“ ist es tatsächlich, dass dank AfD einem extrem rechten Ideologen wie Weißmann eine öffentliche und repräsentative Bühne verschafft wird. Am Inhalt des Buches ist indes nichts neu. Es ist das altbekannte Eindreschen auf „die 68er“, die aus Sicht von Weißmann und der AfD für allerlei Übel verantwortlich sind. Ihnen geht es dabei nicht um die 68er-Aktivist*innen von einst, die heute allesamt in Rente sind. „68“ ist für Weißmann und Co eine Chiffre, mittels derer ein reaktionärer Rollback und der offene Kampf gegen jegliche Errungenschaften propagiert wird. Es reicht dazu, die Einleitung von Weißmanns Buch zu lesen, in der nicht nur die übliche rechte Kritik an angeblich verwahrlosten Sitten ausgebreitet wird , sondern Weißmann ebenso klagt, dass sich „die Kanzlerin zum Feminismus bekennt und der Bundespräsident von der unfassbaren Schuld spricht, die wir Deutschen auf uns geladen haben“; er weiter behauptet, der Artikel 1 des Grundgesetzes (Die Würde des Menschen ist unantastbar) diene als „Monstranz der Zivilreligion“ und „Gleichheit als unumstößlicher Glaubenssatz“; „Angstfreiheit“ sei „als Fetisch des Erziehungswesens aufgestellt […] und das gleich neben Gewaltlosigkeit und positiver Verstärkung“.
Wir rufen euch auf, öffentlich lautstarken Widerspruch gegen diesen Ideologen der Ungleichheit, des Nationalismus und der Ausgrenzung zu formulieren. Beteiligt euch an unserer Kundgebung vor der Stadtbücherei. Zeigen wir der AfD, dass sie in Münster nicht erwünscht ist. Machen wir deutlich, dass wir uns den extrem rechten Bestrebungen in den Weg stellen werden.
Für mehr Gleichheit, für mehr Freiheit, für mehr Solidarität! Kundgebung ab 19 Uhr vor der Stadtbücherei Münster