Am 24. August referierte Volker Maria Hügel im „neben*an“ zur aktuellen deutschen und europäischen Asylpolitik. Hügel, der bei der „Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender“ (GGUA) arbeitet, sprach vor dem Hintergrund der Erfahrungen der vergangenen 30 Jahren. Er zeichnete nach, wie beginnend im 1980 Asylsuchende sozialrechtlich nicht länger Deutschen gleichgestellt, sondern zunehmend sozial entrechtet wurden. In den 1980er Jahren entwickelte die Politik das auch heute noch gültige „Abschreckungsprinzip“, das darin besteht, „Deutschland unattraktiv zu machen, indem die, die hier sind zu quälen, damit andere nicht herkommen“, so Hügel. Als einschneidende Wegpunkte dieser Entwicklung bezeichnete Hügel die 1993 vollzogene Änderung des Asylrechts und die Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes, auf dessen Grundlage die sozialstaatlichen Leistungen für Asylsuchende unter die Leistungen für Sozialhilfeempfänger_innen gedrückt wurden.
Die politischen Forderungen in der aktuelle Debatte über Flucht und Asyl ähnle vielfach denjenigen aus den 1990er Jahre, so Hügel. Die aktuellen von der Bundesregierung beschlossenen „Asylpakete“ bezeichnete er als Grundrechtsaushöhlung. Die Menschenrechte von Flüchtlingen seien in Gefahr bzw. würden nicht gewahrt werden. Die Politik lasse sich als „Soziale Entrechtung als Mittel der Migrationssteuerung“ beschreiben. Als Maßnahmen zur sozialen Entrechtung und Isolation nannte er die Lagerpflicht, Residenzpflicht und Wohnsitzauflage, Sozialleistungskürzungen, Arbeitsverbote, Turboverfahren und Abschiebungen. Obwohl das Bundesverfassungsgericht erst 2012 in seinem Urteil festschrieb, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Grundrecht allen Menschen, die sich in der BRD aufhalten, gleichermaßen zustünde – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit. „Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“, so das BVerfG.
Dieses Urteil wird durch die aktuellen Gesetzesverschärfungen ebenso „relativiert“ wie auch die UN-Kinderrechtskonvention für einen Teil der Flüchtlingskindern nicht mehr gelte. Verantwortlich dafür sei vor allem das von der Bundesregierung entwickelte Konzept der „Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive“, die aus von der Bundesregierung als „sichere Herkunftsstaaten eingestuften Ländern käme. Sie müssen in den Lagern der Landes-Erstaufnahmezentren verbleiben und dürfen nicht in kommunale Wohnungen ziehen, haben keinen Anspruch auf Integrations- und Sprachkurse, bekommen Sachleistungen. Für Kinder gilt nicht die Schulpflicht.
Als eine weitere massive Verschlechterung nannte Hügel die Aussetzung des Rechtes auf Familiennachzug für Flüchtlinge, die dem subsidären Schutz unterlägen, wovon aktuell viele Syrier betroffen sind. Ihre Familienangehörigen dürfen bis 2018 nicht nach Deutschland kommen, sondern müssen in den Kriegsgebieten oder in Flüchtlingslagern in Anrainerstaaten verbleiben.
Hügel appellierte am Schluss seines Vortrags, dass diejenigen, die eine an Menschenrechten orientierte Flüchtlingspolitik befürworten, auch ihre Stimme erheben und sich einmischen – und das Feld nicht den lautstarken Rechten überlassen sollen.